13 February 2004

Sri Lankas Präsidentin löste Parlament auf. LTTE: Rückschlag für Friedensdialog

Offener Schlagabtausch
Hilmar König 10.02.2004

Wie nicht anders zu erwarten, kam die schärfste Kritik an der Auflösung des Parlaments von Sri Lanka und der Ansetzung von Neuwahlen für Anfang April von den tamilischen Befreiungstigern (LTTE). Seit Monaten schon sehen sie im Machtkampf der beiden rivalisierenden Parteien Sri Lanka Freedom Party (SLFP) von Präsidentin Chandrika Kumaratunga und der United National Party (UNP) von Premier Ranil Wickremasinghe eine Gefährdung des Friedensprozesses, der auf eine Lösung des seit 1983 schwelenden ethnisch-sozialen Konflikts zielt. Im Krieg zwischen den tamilischen Rebellen und den singhalesischen Regierungstruppen kamen bislang über 64 000 Menschen ums Leben. Von September 2002 bis zum Frühjahr 2003 gab es sechs Verhandlungsrunden zwischen der Guerilla und der Regierung. Dann suspendierten die Rebellen im April vorigen Jahres den Dialog. Der Waffenstillstand zwischen beiden Seiten hält allerdings seit mehr als zwei Jahren.

Dr. Anton Balasingham, der LTTE-Politchef, bezeichnete nun die von der Präsidentin verfügte Auflösung des Parlaments als »schweren Rückschlag« für die Friedensbemühungen. Und er drohte, wenn es nach den Wahlen kein klares Ergebnis und keine Fortsetzung des Dialogs gebe, dann müßten die Rebellen auch »politische Unabhängigkeit« in Betracht ziehen. Der Pessimismus in den Reihen der LTTE wird vor allen hervorgerufen durch die starre Position der maoistischen, singhalesisch-nationalistischen Volksfront (Janatha Vimukthi Peramuna; JVP) zu einer Lösung des Tamilen-Singhalesen-Konflikts: Die JVP lehnt jede Machtteilung mit den Befreiungstigern ab und steht damit im krassen Gegensatz zur SLFP, mit der sie im vorigen Monat einen Pakt schloß. Beide bildeten die Vereinte Volks-Freiheits-Allianz, mit der sie die Wahlen gewinnen wollen. Die LTTE zeigt sich zwar bereit, mit jeder Partei an der Macht zu verhandeln, äußert aber zugleich starke Zweifel, daß man mit der JVP etwas Konstruktives erreichen kann.

Selbst wenn es nach den Wahlen keinen Regierungswechsel geben sollte, kann die Staatspräsidentin den Friedensprozeß torpedieren. Ohnehin warf sie der Regierung Wickremasinghe vor, viel zu viele Konzessionen an die Rebellen gemacht zu haben. Deshalb auch griff sie im November vorigen Jahres ein, nachdem die LTTE ihre Vorstellungen von einer Interimsverwaltung des Nordostens unterbreitet hatte. Diese gefährdet nach Kumaratungas Ansicht die Einheit und Sicherheit des Landes. So blockierte sie die Regierung, als sich der Premier auf einer Auslandsreise befand, und entließ die Minister der Schlüsselressorts Verteidigung, Medien und Inneres. Das war die offene Kampfansage an Wickremasinghe, die nun in Neuwahlen gipfelt. Der Premier bleibt zwar Leiter der Übergangsregierung bis zu den Wahlen – den dritten in vier Jahren –, aber die Präsidentin gab ihm zwei ihrer eigenen Berater zur Seite, als Medien- und als Kommunikationsminister. Das Verteidigungsressort sowie Inneres behält sie unter ihrer direkten Kontrolle.

Quelle - http://www.jungewelt.de/2004/02-10/008.php

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