06 April 2004

Wahlausgang im November ist offen

Krieg im Ferienparadies ist noch nicht vorbei - Angst vor neuem Blutvergießen
VON Can Merey, 30.03.04, 09:55h


Neu Delhi/Colombo/dpa. Der Krieg im Ferienparadies ist noch nicht vorbei, die Ruhe in Sri Lanka könnte trügerisch sein. Am Freitag wählen die Bewohner des südasiatischen Inselstaates ein neues Parlament. Der als offen geltende Wahlausgang dürfte entscheidenden Einfluss auf den seit Monaten unterbrochenen Friedensprozess zwischen der Regierung und den Tamilen-Rebellen der LTTE haben. Doch die «Befreiungstiger von Tamil Eelam» (LTTE) sind inzwischen ebenso gespalten wie die Führung Sri Lankas. Die Angst ist groß, dass die Gewalt wieder aufflammen könnte - die in dem 20-jährigen Konflikt fast 70 000 Menschen das Leben kostete.
Die Wahl soll ein Ende der seit November schwelenden Staatskrise herbeiführen, die den Friedensprozess jäh unterbrach. Während einer USA-Reise von Ministerpräsident Ranil Wickramasinghe hatte dessen Erzrivalin, Präsidentin Chandrika Kumaratunga, die Kontrolle über drei Schlüsselministerien übernommen. Im Februar löste sie das Parlament auf und ordnete die jetzt um vier Jahre vorgezogenen Neuwahlen an. Die LTTE, die einst für einen eigenen Staat der tamilischen Minderheit kämpfte und nun weitgehende Autonomie fordert, nannte das einen schweren Rückschlag für den Friedensprozess.

Doch die «Tiger» sprechen inzwischen kaum mehr mit einer Stimme. Ein bis Anfang März loyaler Rebellen-Kommandeur im Osten der Insel, der sich Karuna nennt, brach offen mit der LTTE-Führung und fordert separate Verhandlungen. Erfolg ist ihm bislang nicht beschieden, doch Karuna steckt nicht zurück. In Gesprächen mit internationalen Medien warnt er, LTTE-Chef Velupillai Prabhakaran wolle ihn ermorden lassen - Prabhakaran ist dafür bekannt, mit Gegnern kurzen Prozess zu machen. Neues Blutvergießen dürfte die Folge sein.

Die Präsidentin fordert einen härteren Kurs gegen die «Befreiungstiger» als ihn Wickramasinghe verfolgte. Beide bekräftigen allerdings in ähnlichen Worten ihren Friedenswillen. «Bald nach unserer Wiederwahl im April werden wir die Friedensgespräche wieder aufnehmen», sagt der Noch-Ministerpräsident. «Wir werden am Waffenstillstand festhalten und Gespräche mit der LTTE aufnehmen», sagt Kumaratunga. Ihre Zwölf-Parteien-Allianz nennt dafür allerdings «vernünftige Bedingungen» als Voraussetzung.

Wickramasinghe wurde dafür gefeiert, dass er nach seiner Wahl im Dezember 2001 Friedensgespräche mit der LTTE begann und die Rebellen dazu brachte, einem - wenn auch brüchigen - Waffenstillstand zuzustimmen. Sri Lanka, das zeitweise fast ein Viertel seines Haushalts für das Militär ausgab, konnte aufatmen. Dem Regierungschef gelang es, der internationalen Gemeinschaft Hilfszusagen von 4,5 Milliarden US-Dollar abzuringen. Kumaratunga, die bei einem LTTE- Anschlag 1994 ein Auge verlor, warf ihrem Widersacher allerdings vor, die Rebellen zu stärken.

Vor der Wahl holte die gewalterprobte Präsidentin, bei politischen Partnern nicht zimperlich, erklärte Gegner des Friedensprozesses mit ins Boot. Die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) ist Teil ihrer Wahlallianz, obwohl Anhänger der marxistischen Partei 1988 Kumaratungas Ehemann ermordet haben sollen. Ob Kumaratunga das hilft, wird sich am Freitag zeigen. Weder ihrer Vereinten Volksfreiheitsallianz noch Wickramasinghes Vereinter Nationalen Front wird eine absolute Mehrheit vorhergesagt. Echter Frieden in Sri Lanka dürfte - wenn überhaupt - in weiter Ferne liegen.

VON Can Merey, 30.03.04, 09:55h
Quelle - Mitteldeutsche Zeitung

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