25 February 2004

Jubileum ohne Feiern

Thomas Berger

Sri Lanka: Verhaltene Reaktionen zum zweiten Jahrestag der Waffenruhe zwischen Regierung und LTTE

Ein paar Gratulationen in zurückhaltenden Worten gab es, von Jubelfeiern aber weit und breit keine Spur. Der zweite Jahrestag der Waffenruhe zwischen Armee und tamilischen Rebellen der LTTE (Befreiungstiger von Tamil Eelam) in Sri Lanka am gestrigen Montag ging weitestgehend im Alltag unter. In der Politik konzentriert sich alles eher auf die am 2. April anstehenden vorzeitigen Neuwahlen für das Parlament, und der einzige, der Glückwünsche für das Minijubiläum überbrachte, war Norwegens Vizeaußenminister Vidar Helgesen. Der Skandinavier, vormals Chefvermittler zwischen den beiden Seiten, wertete es als Erfolg, daß die Waffen wirklich schweigen und keine der Konfliktparteien ernstlich versucht habe, das Abkommen zu unterlaufen. Helgesen warnte aber auch davor, diesen Status nun als gegeben hinzunehmen. Der Friedensprozeß, solle er letztlich zu einem Erfolg führen, bedürfe einer Führung, die aktiv auf dem eingeschlagenen Weg voranschreite. Zwischen den Zeilen des Glückwunschtelegramms ist die Frustration herauszulesen, die sich inzwischen auch bei den Norwegern festgesetzt hat.

Momentan sind sie als Vermittler arbeitslos, denn nach den überraschenden Erfolgen im ersten Teil der Friedensgespräche, deren Ergebnisse unter anderem ein Abrücken der LTTE von der Idee eines eigenen Tamilenstaates vorsahen, ist der Verhandlungstisch seit April 2003 verwaist. Erst zogen sich die Rebellen von den Gesprächen zurück, weil die Regierungsseite in ihren Augen erste Vereinbarungen zu zögernd umsetzte, später waren es die Streitigkeiten in der srilankischen Staatsführung, genauer zwischen Präsidentin und Premierminister, die eine Rückkehr zum direkten Dialog unmöglich machten.

Helgesens lobendes Statement mag aber auch an die LTTE gerichtet sein, die angesichts der unübersichtlichen Verhältnisse in der Hauptstadt und mancher Anwürfe gegen den Friedensprozeß zunehmend unruhig wird. Zwar haben die Rebellen den Norwegern bei deren vorläufig letztem Vermittlungsbemühen im vorigen Sommer zugesagt, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen, sobald das Tauziehen auf der Gegenseite beendet sei. Doch UNO, Amnesty International (ai) und andere Menschenrechtsvereinigungen haben in der Zwischenzeit immer wieder berichtet, daß die tamilischen Kämpfer die Rekrutierung von Kindersoldaten wieder intensiviert haben, nachdem in der Vergangenheit etliche Minderjährige freigegeben worden waren.

Und auch Gerüchte um eine geheime Aufrüstungskampagne der LTTE machten immer wieder die Runde, während Staatsoberhaupt Chandrika Kumaratunga und vor allem der neue Allianzpartner, die singhalesisch-nationalistische JVP (Volksbefreiungsfront), offen über eine Abänderung des Waffenstillstandsabkommens reden. Gefährlicher Zündstoff, wie nicht nur der entmachtete Regierungschef Ranil Wickremasinghe warnt. Er kämpft am 2. April nicht nur um eine neue Mehrheit, sondern vor allem auch darum, gemeinsam mit den LTTE-Verhandlungsführern genau dort wieder ansetzen zu können, wo die Gespräche bei der letzten Runde gestockt hatten. Wickremasinghe, dezent unterstützt von den Norwegern (denen die Präsidentin wiederum nicht recht traut), will damit auch die rund fünf Milliarden Dollar retten, die internationale Geldgeber auf mehreren Konferenzen dem südasiatischen Land als Wiederaufbauhilfe nach 20 Jahren Bürgerkrieg zugesagt hatten.

Quelle - Die tageszeitung - junge Welt

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