09 March 2004

»Amnestie« abgelehnt

Hilmar König, Neu-Delhi
10.03.2004

Sri Lanka: Abgesetzter LTTE-Führer Karuna bleibt bei Konfrontation mit Befreiungstigern

Trotz aller Vermittlungsversuche hält die Krise in den Reihen der tamilischen Befreiungstiger »Tamil Eelan« (LTTE) in Sri Lanka an. Am Montag suchte eine Friedensdelegation, der der Bischof von Batticaloa, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Geschäftsleute angehörten, die LTTE-Führung in Kilinochi auf. Ihr Anliegen war es, den Zwist zwischen Vinayagamurthi Muralitharan, dem unter seinem Kampfnamen Karuna bekannten bisherigen Kommandeur der Ostregion, und Rebellenchef Velupillai Prabhakaran ohne Blutvergießen beizulegen. Karuna ist in der Region Batticaloa-Amparai recht populär. Die Friedensdelegation brachte aus Kilinochi ein Amnestie-Angebot der LTTE-Spitze für Karuna mit. Dieser ließ am Dienstag über einen Sprecher erklären, daß er das Angebot nicht annehmen werde.

Am Samstag vergangener Woche war Karuna aller Posten enthoben worden, nachdem er sich in einem Brief an Prabhakaran bitter über die angeblich bevorzugte Behandlung von Kadern aus der Nordregion beklagt und ein »unabhängiges Agieren unter direktem Kommando« des LTTE-Chefs verkündet hatte. Zugleich ersuchte er die Regierung in Colombo, einen separaten Waffenstillstand mit ihm für den Osten auszuhandeln. Dieses Ansinnen wurde umgehend von einem Militärsprecher zurückgewiesen. Karuna erwies sich nicht zum erstenmal als Aufsässiger. Um seine »dissidenten Tendenzen« besser kontrollieren zu können, wurde er im Jahre 2001 von der LTTE in ihr Team zu den Friedensverhandlungen mit Colombo integriert. Er hielt sich aber nicht an die eingegangenen Verpflichtungen. So nährte er Zweifel, ob man der Guerilla überhaupt trauen dürfe.

Sein jüngster und möglicherweise letzter Vorstoß hat die LTTE schwer getroffen. Sivagnanam Karikalan, ein bisheriger Vertrauter Karunas, betrachtet den »Renegaten« nun als »Pol Pot, wenn er weiterhin unverantwortlich gegenüber unserem Volk auftritt«. Die LTTE versucht abzuwiegeln, Schaden zu begrenzen und stellt den schwerwiegenden Schritt Karunas als Entscheidung eines »konfusen Verräters« und als dessen Alleingang dar, hinter dem nicht näher bezeichnete »ausländische Kräfte« zu vermuten wären. Sie lehnt den angestrebten Regionalismus Karunas total ab und sieht darin einen gefährlichen Versuch, die Bewegung zu spalten.

Besorgt sind Prabhakaran wie die tamilischen politischen Parteien, die in der Tamil National Alliance (TNA) zusammengeschlossen sind, über mögliche katastrophale Auswirkungen dieses Spaltungsversuchs auf die Chancen zu den Parlamentswahlen am 2. April. Die LTTE stellt zwar keine eigenen Kandidaten für den Urnengang auf, unterstützt aber die TNA und engagiert sich im Wahlkampf. Ziel ist, mindestens 21 Sitze im Parlament zu erringen. Das würde die LTTE befähigen, ein Wort bei der Regierungsbildung mitzusprechen. Denn man rechnet damit, daß die beiden rivalisierenden Hauptparteien – die Sri Lanka Freedom Party und die United National Party mit ihren jeweiligen Koalitionen – sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern werden. Eine starke parlamentarische Repräsentanz könnte den Rebellen eine gute Position für die Verhandlungen im Friedensdialog verschaffen.

- Hilmar König - Neu-Delhi -

Quelle - jungewelt - 10.03.2004

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